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Wichtig, weidend, Wiederkäuer: Hüter des Graslandes

Diese Woche diskutiert die Familie Richter über Wiederkäuer.

Wichtig, weidend, Wiederkäuer: Hüter des Graslandes

Diese Fragen werden im Beitrag über Wiederkäuer beantwortet:



- Wieso sind Wiederkäuer für die Schweiz so wichtig?


- Wie funktioniert das Vier-Magen-System bei Kühen, Schafen und Ziegen?


- Welches Produktionssystem ist besser: das graslandbasierte oder jenes mit Kraftfutter?


- Welchen Stellenwert nehmen die Kuh und Grasland in ökologischer Hinsicht ein?


- Welche Leistungen erbringen Wiederkäuer noch neben der Produktion von Lebensmitteln?


Was haben Schafe, Rehe, Kühe, Ziegen oder Steinböcke gemeinsam? Ja, sie alle sind Pflanzenfresser, doch diese Tiere teilen auch einen entscheidenden Überlebensmechanismus: ihr komplexes Verdauungssystem mit vier unterschiedlichen Mägen… Wieso einer nicht reicht? 

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Ob Gras, Laub oder Heu – sogenannte Wiederkäuer ernähren sich von Pflanzen, die als Hauptbestandteil ihrer Zellwände das komplexe Kohlenhydrat Zellulose enthalten. Der menschliche Magen kann Zellulose nicht abbauen, Gras wäre für uns also höchstens ein schwer verdaulicher Rohkost-Salat ohne Nährwert. Ganz anders bei den Wiederkäuern: Durch ihr mehrkammeriges Magensystem und wiederholtes Hochwürgen bereits gefressener Pflanzen können Kühe, Schafe & Co. das Maximum an Nährstoffen aus für uns unbekömmlicher Nahrung rausholen.


Für die Schweiz sind Wiederkäuer von unschätzbarem Wert, denn ohne sie fielen auch Lebensmittel wie Milch, Käse, Butter oder Joghurt weg – also etwa ein Viertel des Produktionswertes der Schweizer Landwirtschaft. Aber nicht nur das: Ohne Kühe, Schafe und Ziegen bliebe die Mehrheit unserer Landwirtschaftsfläche ungenutzt. Wieso?


70 bis 80 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche in der Schweiz sind Wiesen und Weiden, die nicht für den Anbau von Getreide oder Gemüse geeignet sind – aus klimatischen, topografischen oder Gründen der Bodenbeschaffenheit. Doch Wiederkäuer können dieses Grasland nutzen und es dank ihrer Fähigkeit, Zellulose zu verdauen, in für den Menschen hochwertige Nahrung umwandeln.


«Ohne regelmässige Nutzung durch die Wiederkäuer würden diese Grasflächen in der Schweiz zudem verbuschen», sagt Beat Reidy, Dozent für Graslandnutzung und Wiederkäuersysteme an der Berner Fachhochschule, im Interview am Ende des Beitrags. Doch Grasland sei nicht nur die Nahrungsgrundlage für Wiederkäuer, die daraus für den Menschen verwertbares Eiweiss erzeugen, sondern «trägt auch zum Erhalt der Biodiversität und des Landschaftsbildes bei und schützt zugleich das Grundwasser», so Reidy.

Übrigens: Auch Giraffen, Kamele oder Lamas sind Wiederkäuer. Diese leben aber nicht nur sehr weit weg – sie produzieren auch deutlich weniger Milch als unsere Schweizer Kühe. 

Vier Mägen für die optimale Verwertung

Wie es der Name bereits sagt, kauen Wiederkäuer ihre Nahrung wieder – und wieder und wieder… Der wichtigste Wiederkäuer der Schweiz, die Milchkuh, verbringt in etwa gleich viel Zeit mit Wiederkäuen wie mit dem eigentlichen Fressen, nämlich vier bis neun Stunden pro Tag. 
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Das sind täglich zwischen zehn und 20 Wiederkauperioden, die jeweils zwischen 40 und 120 Minuten dauern.


Beim ersten Kauen zerkleinert die Kuh ihre Nahrung nur grob, bevor diese in ihren ersten und grössten Magen, den Pansen, gelangt. «Der Pansen kann bei einer ausgewachsenen Kuh über 100 Liter gross sein», sagt Melissa Terranova, Forschungsleiterin beim AgroVet-Strickhof, im Video weiter unten. Im Pansen findet die mikrobielle Gärung statt: Mikroben spalten die Zellulose enzymatisch auf und produzieren dabei Fettsäure, die das Tier als Energie nutzen kann.


Dann würgt die Kuh die noch grobe Nahrung im Pansen wieder hoch, käut sie intensiv wieder und speichelt sie dabei besser ein, bevor es wieder zurück in den Pansen geht. Bis zu drei Tagen bleibt das Futter im Pansen und wird immer feiner verdaut, dann geht es weiter in den zweiten Magen: «Der Netzmagen ist verantwortlich für die Sortierung, er funktioniert wie ein Sieb», erklärt Terranova. Ist der Nahrungsbrei fein genug, kommt er weiter in den dritten Magen, den Blättermagen. Zu Grobes wird nochmals zurückgeleitet und erneut wiedergekäut.


Der Blättermagen sieht aus wie ein Buch mit vielen Seiten, weshalb dieser dritte Magen auch als «Buchmagen» bezeichnet wird. Hier werden dem Nahrungsbrei Wasser und weitere Nährstoffe entzogen, der Brei wird weiter eingedickt und zerkleinert. Dann geht’s in den letzten Magen, den Labmagen. «Dieser ist unserem menschlichen Magen am ähnlichsten», sagt Melissa Terranova. «Hier wird der Nahrungsbrei mit Enzymen weiter verdaut, bevor es in den Dünn- und später den Dickdarm geht – wie bei uns Menschen.»



Übrigens: Im Labmagen junger Wiederkäuer im milchtrinkenden Alter wird unter anderem das Enzym Chymosin gebildet, das auch als «Labferment» oder einfach «Lab» bekannt ist. Es dient dazu, dass Milch gerinnt, also eindickt wie Pudding. In der Käseherstellung nutzt man deshalb dieses Enzym aus dem Labmagen der Kälber, –meist als Schlachtnebenprodukt – damit sich aus der flüssigen Milch feste Käsemasse bildet. Der Trend geht jedoch zu vegetarischem Lab, das mikrobiell oder gentechnisch hergestellt wurde. 

Video der Woche

Grasland vs. Intensivierung – Zwei Produktionssysteme und viel Abwägung

In der Schweiz gibt es im Wesentlichen zwei Arten, wie Milch produziert wird: Neben dem graslandbasierten System, bei dem Kühe vor allem frisches Gras oder Heu von Wiesen und Weiden fressen, besteht ihre Nahrung beim intensivierten System zusätzlich aus Kraftfutter wie etwa Getreide – also aus Lebensmitteln, von denen auch direkt wir Menschen uns ernähren könnten. 

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Hierzulande herrscht das graslandbasierte System vor, denn das hügelige und gebirgige Gelände in der Schweiz eignet sich besonders gut für Weidewirtschaft und viele Böden sind für den Ackerbau, wie oben erwähnt, ungeeignet. Auch die Kosten für Futter und Betrieb sind beim graslandbasierten Ansatz meist geringer.


Warum gibt es dann das System mit zusätzlichem Kraftfutter überhaupt? Ein augenscheinlicher Vorteil: Kühe, die hauptsächlich Kraftfutter fressen, geben deutlich mehr Milch. Pro Produkteinheit betrachtet, schneidet dieses System zudem besser ab als das Grasland-System, denn: Pro Liter Milch entsteht weniger Methan im Kuh-Pansen, da Kraftfutter besser verdaulich ist.


«Kühe sind aufgrund ihrer Methanproduktion im Verdauungstrakt die Hauptverursacher landwirtschaftlicher Treibhausgase», sagt Beat Reidy im Interview am Ende des Beitrags. Methan entsteht als Abfallprodukt, wenn die Mikroben im Pansen der Kühe die für uns Menschen unverdaulichen Fasern aufbrechen. «Dieses Gas müssen die Tiere regelmässig ausstossen», erklärt Melissa Terranova im Video weiter oben und ergänzt: «90 Prozent kommen beim Tier vorne wieder raus und nur etwa 10 Prozent hinten.»


Doch pro Tier betrachtet sieht die Ökobilanz genau umgekehrt aus: Die Hochleistungskühe beim System mit Kraftfutter-Zusatz nehmen insgesamt mehr Futter auf als Granslandkühe – und produzieren durch die intensivere Verdauung auch wiederum mehr Methan. Eine Frage der Perspektive also, welches System das ökologischere ist. Ein klarer Nachteil des Kraftfutter-Systems betrifft direkt die Tiere «Kühe können Kraftfutter zwar schneller verdauen, doch dabei werden viele Säuren gebildet. Dadurch besteht die Gefahr der Übersäuerung, was wiederum die Gesundheit des Tieres gefährden kann», erklärt Terranova. 


Podcast-Folge der Woche

Grasland als Kohlenstoffspeicher

Methanemissionen von Wiederkäuern sind ein berechtigtes Klimaproblem. Doch: Wiederkäuer können auch zur Regeneration von Böden beitragen und Kohlenstoff im Boden speichern. Wie das? Ein Blick in die Vergangenheit: Vor der modernen Landwirtschaft zogen riesige Herden wildlebender Pflanzenfresser in engen Verbänden über die Ebenen. Ihre Weidegewohnheiten regten das Pflanzenwachstum an, verbesserten die Bodenfruchtbarkeit durch Mist und halfen, Nährstoffe zu zirkulieren.

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Die moderne Landwirtschaft ahmt dieses natürliche System mit rotierender Beweidung nach: Herden wechseln häufig die Weideflächen, sodass Gras nachwachsen kann. Das erhöht die Pflanzenvielfalt, verbessert die Wasserspeicherung, vertieft Wurzelsysteme und reduziert den Bedarf an synthetischem Dünger und fossiler Bodenbearbeitung. Tiere lockern mit ihren Hufen den Boden, arbeiten organische Substanzen ein und düngen auf natürliche Weise durch ihren Mist. 


Doch der leistungsstärkste Klima-Beitrag von Wiederkäuern ist ihre Fähigkeit zur Kohlenstoffbindung im Boden: Bei optimaler Beweidung reagieren Pflanzen, indem sie kräftig nachwachsen, was ihre Kohlenstoffaufnahme erhöht. Gleichzeitig wachsen Wurzelsysteme tiefer in den Boden und lagern Kohlenstoff unter der Oberfläche ab, wo er jahrzehntelang oder länger bleiben kann. Forschungen haben gezeigt, dass gut geführte Weidesysteme die Methanemissionen von Wiederkäuern ausgleichen oder sogar übertreffen können. Besonders brisant: Grasland speichert über längere Zeiträume sogar zuverlässiger Kohlenstoff als Wald. Denn der Kohlenstoff wird zu 90 Prozent im Boden gehalten, in Wäldern jedoch zum Grossteil in der oberirdischen Biomasse, wo er durch Feuer, Schädlinge oder Rodung schnell wieder frei werden kann.


Während Methan, das Wiederkäuer emittieren, Teil des natürlichen Kohlenstoffkreislaufs ist und nach etwa 12 Jahren in der Atmosphäre abgebaut wird, bleibt Kohlendioxid aus fossilen Brennstoffen über Jahrhunderte bestehen. Es kann festgehalten werden: Rinderhaltung ist nicht automatisch klimafreundlich – doch in ganzheitlich geführten Weidesystemen können Wiederkäuer zur Lösung beitragen. Und das alles bei gleichzeitiger Produktion nährstoffreicher Lebensmittel…

Statistik der Woche

Hast du gewusst, dass...?

Interessante Zahlen und Fakten zum Thema «Wiederkäuer»:

Interview

Wiederkäuer - Sündenböcke oder Alleskönner?

Prof. Dr. Beat Reidy, Dozent für Graslandnutzung und Wiederkäuersysteme an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) in Zollikofen BE, erklärt im Interview, warum Kühe & Co. weder pauschal als Klimasünder noch als Heilsbringer gesehen werden sollten.

Welche Bedeutung hat der Wiederkäuer für die menschliche Ernährung im Kontext begrenzter Ackerflächen und wachsender Weltbevölkerung?

Aufgrund des weltweiten Bevölkerungswachstums und der steigenden Nachfrage nach tierischen Eiweissen nimmt der Druck auf ackerbaulich nutzbare Flächen zu, während diese durch Überbauung und Bodendegradation vielerorts abnehmen. Zusätzlich führen die Auswirkungen des Klimawandels zu einer unsicheren Produktion. Global bestehen rund 70% und in der Schweiz fast 80% der landwirtschaftlich genutzten Fläche aus Grasland. In Europa weist nur Irland einen grösseren Anteil an Wiesen und Weiden auf. Der grösste Teil dieser Flächen kann nur durch Wiederkäuer genutzt werden. Ohne regelmässige Nutzung würden die Flächen in der Schweiz verbuschen und gingen für die Nahrungsmittelproduktion verloren. Durch die «Veredelung» dieser Flächen zu hochwertigem tierischem Eiweiss tragen die Wiederkäuer deshalb wesentlich zu Erweiterung der Nahrungsgrundlage des Menschen bei.

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Wieso ist Grasland aus Ihrer Sicht eine wertvolle Ressource in der Ernährungskette?

Grasland ist nicht nur die Nahrungsgrundlage für Wiederkäuer, die daraus für Menschen verwertbares Eiweiss erzeugen. Es hat auch viele weitere Funktionen wie etwa die Förderung der Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität. Zugleich leistet es einen wichtigen Beitrag zum Schutz des Grundwassers und ist zentral für den Erhalt des Landschaftsbilds.

 

Wie viele Kalorien oder wie viel Protein können durch Wiederkäuer von einer bestimmten Fläche Grasland gewonnen werden – eventuell im Vergleich zu anderen Nutzungsarten?

Das hängt stark vom jeweiligen Produktionssystem ab. Betrachtet man nur die Futterverwertung, ist die Umwandlung von Gras in Milch oder Fleisch durch Wiederkäuer nicht sehr effizient. Monogastrier -  also Tiere mit nur einem Magen wie Schweine oder Geflügel -  sind hier deutlich effizienter.  Wenn man jedoch bedenkt, dass es für die Graslandflächen oft keine alternative Nutzung gibt, da sie sich für den Ackerbau nicht eignen, sind Wiederkäuer sehr effizient: Wiederkäuer können auf solchen Flächen Pflanzen fressen, die der Mensch nicht verwerten kann, und diese in hochwertiges, für uns verwertbares Eiweiss umwandeln. Monogastrier hingegen verwerten oft Futtermittel, die auch für den Menschen essbar wären.

 

Welche Rolle spielt eine standortangepasste Nutzung von Grasland für eine nachhaltige Landwirtschaft in der Schweiz?

Anders als die meisten Ackerkulturen sind Wiesen und Weiden mehrjährig und bestehen nicht nur aus einer Pflanzenart. Die verschiedenen Pflanzenarten stehen miteinander in Konkurrenz um Wachstumsfaktoren wie Licht, Wasser und Nährstoffe. Wird eine Fläche nicht passend zu ihren natürlichen Bedingungen genutzt, können sich unerwünschte Arten ausbreiten – das mindert Ertrag, Futterqualität und Artenvielfalt. Ein Standort gilt als intensiv nutzbar, wenn darauf Raigräser gut gedeihen können – das nennt sich «Raigrasfähigkeit». Diese Fähigkeit hängt von Klima, Boden und Höhenlage ab und bestimmt, wie häufig gemäht oder beweidet werden kann. Eine standortangepasste Nutzung der Wiesen und Weiden ist deshalb das zentrale Element eines nachhaltigen Futterbaus und ein wichtiges Element einer nachhaltigen Schweizer Landwirtschaft.

 

Oft liest man, dass für ein Kilogramm Rindfleisch oder einen Liter Milch enorme Mengen Wasser verbraucht werden. Wie ist dieser Wasserverbrauch zu beurteilen, insbesondere in graslandbasierten Systemen, in denen Regenwasser auf Wiesen genutzt wird?

Wenn nicht künstlich bewässert wird und eine alternative Nutzung der Flächen in Form von Ackerbau nicht möglich ist, sehe ich hier kein Problem - in der Schweiz gibt es verhältnismässig viel Niederschlag. 

 

Welche Merkmale zeichnen graslandbasierte Produktionssysteme im Vergleich zu kraftfutterintensiven Systemen aus, ökologisch wie ökonomisch?

Ökologisch gesehen hängt der Vergleich stark davon ab, ob man die Umweltwirkungen pro erzeugte Produkteinheit oder pro Tier bzw. Fläche betrachtet. Kraftfutterintensivere Systeme - mit Getreide oder Mais als Futtergrundlage - erreichen oft eine höhere Milchleistung pro Kuh. Das hochverdauliche Futter reduziert zudem die Methanbildung im Pansen der Kühe, was pro Liter Milch zu geringeren Emissionen führen kann. Betrachtet man jedoch die Emissionen pro Tier, erzeugt eine Kuh mit hoher Milchleistung insgesamt mehr Treibhausgase, weil sie mehr Futter frisst und mehr Stoffwechselaktivität aufweist. Kühe sind aufgrund ihrer Methanproduktion im Verdauungstrakt die Hauptverursacher landwirtschaftlicher Treibhausgase. Eine vorübergehende Senkung der Methanemissionen könnte zwar kurzfristig helfen, die Klimaziele zu erreichen; um aber dauerhaft die Treibhausgase zu reduzieren, ist es zentral, die CO2-Emissionen aus fossilen Energiequellen stark zu senken. Dazu kann die Landwirtschaft bedeutend weniger beitragen. Welches System wirtschaftlich besser abschneidet, hängt stark von Markt- und Förderbedingungen ab. Studien in der Schweiz zeigen: Sowohl mit weidebasierten als auch mit kraftfutterintensiven Systemen lässt sich wirtschaftlich Milch produzieren – entscheidend ist in jedem Fall eine effiziente Betriebsführung.

 

Welche Rolle spielen Mist und Gülle für die Nährstoffkreisläufe? Wie kann es mit der Kalorienproduktion in Zusammenhang gebracht werden?

Aus energetischer Sicht ist der direkte Verzehr von Pflanzen effizienter als der Umweg über Tiere. In Bezug auf bestimmte Inhaltsstoffe wie spezielle Aminosäuren oder Spurenelemente muss das jedoch nicht zwingend so sein. Viele Beispiele zeigen, dass eine überwiegend vegetarische Ernährung möglich ist. Allerdings entziehen Pflanzen dem Boden bei der Ernte Nährstoffe, die wieder ersetzt werden müssen, damit er fruchtbar bleibt. Tiere spielen dabei eine zentrale Rolle, weil sie mit Mist und Gülle Nährstoffe auf die Felder zurückführen. Historisch war die Tierhaltung mit der Produktion von Hofdüngern wie Mist und Gülle ein wichtiger Treiber für die Erhöhung der Produktivität im Ackerbau. Zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit ist ein Gleichgewicht zwischen Tier- und Pflanzenproduktion deshalb notwendig.

 

Was müsste sich in der öffentlichen Diskussion über Wiederkäuer und Klima ändern, um differenzierter über Leistungen und Wirkungen dieser Systeme zu sprechen?

Es sollte stärker berücksichtigt werden, dass Wiederkäuer eine zentrale Rolle für die zukünftige Nahrungsmittelproduktion spielen. Da die landwirtschaftlichen Ackerflächen begrenzt sind, sind wir dringend auf die Leistung der Wiederkäuer angewiesen. Die Tiere sollten vor allem auf Grasland gehalten und Ackerflächen primär für die Produktion von direkt verwertbaren Nahrungsmitteln genutzt werden. Um unerwünschte Umweltwirkungen zu minimieren, ist es wichtig, dass die Nutzung des Graslands möglichst effizient erfolgt, zum Beispiel durch eine hohe Qualität des Raufutters. Neben der Erzeugung hochwertiger Nahrungsmittel, die den Erwartungen der Konsumentinnen und Konsumenten entsprechen, erbringen Wiederkäuer zahlreiche weitere positive Ökosystemleistungen. Dazu zählen Aspekte wie die Förderung der Biodiversität auf extensiven Weiden, die Erhaltung des Landschaftsbildes, die Bodenfruchtbarkeit sowie die Speicherung von CO2 im Grasboden.


Das Wichtigste in Kürze:

  • Wiederkäuer in der Schweiz: Kühe, Schafe, Ziegen oder Rehe
  • Vier Mägen: Durch ausgeklügeltes Verdauungssystem können sie Gras oder Heu verdauen.
  • Grasland: Es macht 70% der landwirtschaftlichen Nutzfläche in der Schweiz aus.
  • Milchprodukte: Ohne Wiederkäuer gäbe es keine Milch, keinen Käse und kein Joghurt.
  • Zwei Produktionssysteme: Beim einen fressen Kühe Gras, beim anderen auch Kraftfutter
  • Kohlenstoffspeicher: Grasland speichert Kohlenstoff. 
  • Methanemissionen: Kühe stossen Treibhausgas Methan aus. Dieses wird wieder abgebaut.
  • Gestalter der Natur: Wiederkäuer pflegen Weiden und tragen zur Biodiversität bei.

Für den vorliegenden Beitrag wurden folgende Quellen verwendet:

-       Wiederkäuer – Wikipedia

-       Milch und Milchprodukte

-       Wichtigkeit von Graslandschaften | Naturefund

-       Grassland soil carbon sequestration: Current understanding, challenges, and solutions | Science

-        Grasslands More Reliable Carbon Sink Than Trees | UC Davis

-        The Role of Ruminants in Sustainable Agriculture: Grazing, Soil Health, and Carbon Sequestration | Keshtezar

-       Grassland management impacts on soil carbon stocks: a new synthesis - PubMed

-        Rotational Grazing on Rangelands: Reconciliation of Perception and Experimental Evidence - ScienceDirect

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