Familie Richter – Hauptartikel
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«An apple a day» jahrein, jahraus – Lageräpfeln sei Dank!

Diese Woche diskutiert die Familie Richter über Lageräpfel.

«An apple a day» das ganze Jahr hindurch – Lageräpfeln sei Dank!

Das Wichtigste in Kürze

Wer täglich einen Apfel esse, könne getrost auf den Arztbesuch verzichten — so ein bekanntes englisches Sprichwort. Tatsächlich essen wir in der Schweiz durchschnittlich nur etwa jeden 4. Tag einen Apfel. Oder anders ausgedrückt: Pro Kopf und Jahr 16 Kilo. Auch wenn ein einzelnes Lebensmittel Arztbesuche nicht verhindern kann, muss man dem Apfel zugestehen, dass er durch seine Vielzahl an Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen seinen Teil zur körperlichen Gesundheit beiträgt. 


Doch was machen wir im Winter, ausserhalb der Erntezeit, um die gesunden Früchte zu geniessen? Für eine längere Haltbarkeit sorgen kühle Lager. Wie ökologisch ist diese Lagerung? Was unterscheidet Lager- von frischen Äpfeln? Und wieso wurden in der Schweiz eigentlich innert 25 Jahren ganze elf Millionen Obstbäume vernichtet? Um diese Fragen und mehr geht es im folgenden Beitrag. 


Apfel ist nicht gleich Apfel

In der Schweiz stehen Apfelbäume auf einer Fläche von 3‘624 Hektar, das sind mehr als 5‘000 Fussballfelder oder 1,5 Mal die Fläche der Stadt Basel. Rund 50‘000 Tonnen Äpfel produziert die Schweiz pro Jahr, die meisten davon stammen aus den Kantonen Thurgau, Aargau und Waadt. 

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Je nach Apfelsorte entwickeln die Früchte ihr volles Aroma schon vollständig am Baum und eignen sich kaum für die Lagerung – oder erreichen ihre Genussreife erst einige Wochen oder Monate nach der Ernte im Lager. Man unterscheidet deshalb Sommer- und frühe Herbstäpfel sowie Winter- bzw. Lageräpfel. Typische Winteräpfel wie Boskoop, Jonagold oder Topaz schmecken direkt nach der Ernte sauer und werden erst durch die Lagerung milder. Was die Nährwerte betrifft, unterscheiden sich frisch gepflückte und Lageräpfel aber kaum. Der Gehalt an Vitamin C kann bei sehr langer Lagerung etwas abnehmen, der Unterschied ist aber gering.

Im Video nimmt uns Obstbauer Thomas Oswald mit auf einen Rundgang durch sein Apfelreich in Rüti ZH. Dreissig verschiedene Sorten baue er auf diesem an, im Hofladen befinden sich zwölf Sorten im Angebot.  Vor allem Lagersorten seien das: «Man erntet sie im Herbst und kann sie bis im darauffolgenden Frühling oder sogar Sommer verzehren», so der Obstbauer. Denn im Kühlraum werden die Äpfel zwischen einem und vier Grad gelagert.

Die kommerzielle Lagerung findet nicht nur in kühler, sondern auch sauerstoffarmer Umgebung statt. «Der Sauerstoff wird auf zwei Prozent heruntergesetzt» sagt Thomas Oswald. «Das reicht dem Apfel zum Atmen, aber der Reifeprozess verlangsamt sich und so bleiben die Äpfel länger haltbar.»
Obstbauer Oswald teilt seine Äpfel auf in Frühsorten, Herbstsorten und Lagersorten. Insgesamt gelten rund 30 Apfelsorten als lagerungsfähig. Die neun wichtigsten Lagerapfelsorten der Schweiz: 
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Braeburn
Optimal gelagert und gekühlt hält sich der Braeburn bis in den April. Bei richtiger Lagerung können diese Äpfel sogar bis zu einem Jahr haltbar sein.

Boskoop
Aufgrund seiner Robustheit und Lagerfähigkeit ein beliebter Verarbeitungsapfel.

Gala
Im Speziellen CA-Lagern (controlled atmosphere) bis neun Monate lagerbar. 

Golden Delicious
Diese Sorte ist sehr lagerfähig und kann bis in den Sommer des Folgejahres gelagert werden.

Goldparmäne
Weniger bekannte Sorte, gilt aber als guter Lagerapfel. Sie behält ihre Genussreife nach der Ernte ein gutes halbes Jahr.

Granny Smith
Hervorragende Lagerfähigkeit bis April, behält seine knackige Textur und verfärbt sich kaum beim Lagern.

Maigold
Eine Schweizer Züchtung, die besonders lagerfähig ist und oft angebaut wird.

Idared
Milder, aber saftiger Apfel, der nach der Ernte im Oktober/November bis in den Januar hinein gelagert werden kann.

Pinova
Roter, süss-säuerlicher Apfel, der bis in den Mai hinein seine Genussreife behält und somit gut lagerbar ist.

Treibhausgasbilanz: Die Rolle von Transport und Lagerung

Forschungen zur Nachhaltigkeit befassen sich auch mit der Welt der Äpfel. Im Vergleich zu tierischen Nahrungsmitteln oder Getreide sei der Ausstoss von Treibhausgasen bei der Produktion von Äpfeln niedrig, sagt Mélanie Douziech von Agroscope im Interview. Berücksichtige man aber die Nährwerte der verschiedenen Produkte, relativiere sich dieses Bild. 

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Besonders bei der Lagerung werde relativ viel Treibhausgas freigesetzt — «durch den hohen Stromverbrauch bei der Kühlung.» Auch lange Transportwege belasten die CO2-Bilanz eines Apfels, doch in der Schweiz falle dieser Aspekt durch eher kurze Wege nicht so ins Gewicht.

Ob die Ökobilanz von importierten oder gelagerten Äpfeln besser ausfällt, kann man nicht pauschal beantworten. Tendenziell schneide aber eine lokale Produktion in Kombination mit einer langen Lagerung besser ab als Fernimporte aus Ländern wie Neuseeland, so Douziech.

Antonio Manoiero ist Marketingleiter für Früchte und Gemüse bei der Genossenschaft Migros Zürich. Er sagt im Interview: «Ein zunehmendes Bewusstsein für Nachhaltigkeit hat dazu geführt, dass Kundinnen und Kunden verstärkt auf regionale und umweltfreundlich produzierte Äpfel zurückgreifen.» 

Die Interviews mit Mélanie Douziech und Antonio Manoiero sind am Ende der Webseite zu lesen. 

1977: Das erste Schweizer CA-Lager
Schon vor über 10'000 Jahren lagerten Menschen Lebensmittel– mit dem Ziel, sich von der täglichen Nahrungssuche unabhängiger zu machen und Vorräte für Mangellagen anzulegen. Die Alten Römer perfektionierten dieses Wissen später: Sie räucherten Fleisch, legten Gemüse in Öl ein und konservierten Früchte in Honig. 
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Die gezielte Lagerung von Äpfeln ist jedoch nur ein paar hundert Jahre alt. Früher wurden Äpfel vor allem getrocknet oder zu Konfitüre und Most verarbeitet. Heute ermöglichen sogenannte CA-Lager eine bis zu zwölfmonatige Lagerung der Früchte ohne Qualitätsverlust: 

Ein CA-Lager — das «CA» steht für «controlled atmosphere» – zeichnet sich durch eine gasdichte Umgebung aus, in der Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Sauerstoff- sowie Kohlenstoffdioxidgehalt präszise reguliert werden. Der Sauerstoffgehalt befindet sich knapp über einem Prozent, die CO2-Konzentration ist leicht höher (bis zu fünf Prozent). Dadurch wird die Atmung und Reifung der Äpfel stark verlangsamt. Die Luftfeuchtigkeit in einem CA-Lager beträgt über 90 Prozent, die Temperatur befindet sich zwischen einem und vier Grad Celsius. Die Früchte bleiben so bis zu zwölf Monaten knackig und aromatisch frisch.

Das erste Schweizer CA-Lager richtete Ueli Jucker im Jahr 1977 auf dem Juckerhof in Seegräben ZH ein. 

Ein dunkles Kapitel im Schweizer Obstbau

Um 1950 gab es in der Schweiz rund 15 Millionen Hochstamm-Obstbäume — heute sind es noch gut zwei Millionen, sieben Mal weniger. Was ist da passiert? 

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Schuld ist die staatlich organisierte Schweizer Obstbaum-Fällaktion im Rahmen der Eidgenössischen Alkoholverwaltung. Doch was haben Obstbäume mit Alkohol zu tun? Das Schweizer Volk hatte ab Ende des 19. Jahrhunderts ein erhebliches Alkoholproblem. Ab 1932 erhob der Staat Steuern auf Obstbrände. Denn Landwirte verzeichneten jährlich grosse Überschüsse an geernteten Früchten — also brannten sie einfach mehr Branntwein. Die Steuern sollten dem Staat Mehreinnahmen bringen, doch genau das Gegenteil geschah...

Der Bund musste den Landwirten die zu viel produzierten Branntweine zu einem festgelegten Preis abnehmen, auch wenn der Marktpreis tiefer war. Dadurch machte der Bund jährlich bis zu 15 Millionen Franken Verluste. Drei staatliche Funktionäre sollten deshalb für Ordnung im Obstbau sorgen: Hans Spreng, Gustav Schmid und Ernst Lüthi.


Mit diktatorischer Planung liessen sie zwischen 1950 und 1975 rund elf Millionen Hochstamm-Obstbäume fällen, sprengen oder an Ort und Stelle mit Benzin übergiessen und verbrennen. Vor Gewalt gegen Landwirte, die ihre Bäume mit Händen und Füssen verteidigten, schreckten die Herren Spreng, Schmid und Lüthi dabei nicht zurück. Durch diesen Baummord-Feldzug verschwanden nicht nur Obstbaumwälder, sondern auch alte Obstsorten und wertvolle Lebensräume für Vögel und Insekten. 

Statistik der Woche

Hast du gewusst, dass...?

Interessante Zahlen und Fakten zum Thema Lagerapfel in der Statistik der Woche. 

Interview

«Der Gala-Apfel ist der beliebteste»

Antonio Manoiero ist Leiter Marketing Früchte und Gemüse / Blumen und Pflanzen bei der Genossenschaft Migros Zürich und verfügt über fundierte Kenntnisse zum Schweizer Apfelmarkt. Im Interview erzählt er, welche Sorten die Schweizer Kundschaft besonders schätzt und wie sich das Konsumentenverhalten in letzter Zeit verändert hat. 

Welches sind die klassischen Schweizer Lageräpfel im Angebot der Migros?

Manoiero: Die bekannten Klassiker sind die Sorten Gala, Golden, Braeburn und Granny Smith. Diese Sorten sind typisch für die Schweizer Produktion und für ihre Lagerfähigkeit. Sie decken eine breite Palette von Geschmäckern und Anwendungen ab, was sie zu einer guten Wahl für unser Sortiment macht. Sogenannte «Clubsorten» wie Jazz oder Kanzi sind auch sehr beliebt und zeichnen sich auch durch eine gute Lagerfähigkeit aus. Diese speziellen Sorten sind so gezüchtet, dass sie nicht nur einen hervorragenden Geschmack und eine ansprechende Textur bieten, sondern auch über längere Zeiträume hinweg frisch bleiben. Dies macht sie besonders attraktiv für den Handel. 

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Welche Eigenschaften eines Apfels sind für die Schweizer Kundschaft beim Kauf am wichtigsten? Welche Sorte ist die am meisten gekaufte? 

Die oben genannten Sorten sind aufgrund ihrer Geschmacksprofile, der Vielseitigkeit und der Lagerfähigkeit bei den Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten besonders beliebt. Der Verkaufserfolg von Apfelsorten hängt auch stark davon ab, wie lange einzelne Sorten im Sortiment verfügbar sind. Unabhängig von diesen Faktoren kann man jedoch sagen, dass der Gala Apfel der beliebteste unter den Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten ist.


In welchen Monaten ist die Nachfrage nach Äpfeln am höchsten, und welche Faktoren beeinflussen den Konsum (z. B. Preis, Aktionen, Herkunft, Sortenvielfalt)? 

Die grösste Nachfrage nach Äpfeln in der Schweiz besteht im Herbst, besonders im September und Oktober. Faktoren, welche den Konsum beeinflussen, sind sicherlich Aktionen, die Verfügbarkeit lokaler saisonaler Herbstäpfel aber auch die intensive Verwendung in saisonalen Rezepten (Boskoop, Cox Orange, Gravensteiner). 

Gibt es bei den Konsumenten eine stärkere Tendenz zu regional gelagerten Äpfeln oder wird ein frisch geernteter Apfel aus Regionen mit aktueller Apfelsaison bevorzugt? 

Im Wirtschaftsgebiet Zürich ist es aufgrund begrenzter Lagerkapazitäten oft eine Herausforderung, Äpfel regional zu lagern. Dennoch schätzen Konsumentinnen und Konsumenten sowohl die Schweizer Herkunft als auch lokale Sorten gleichermassen. Die meisten Äpfel in der Schweiz stammen aus den Kantonen Thurgau, Aargau und Waadt. Diese Regionen sind bekannt für ihre Apfelproduktion. Ihre Produkte werden aufgrund der hohen Qualität und der kurzen Transportwege bevorzugt. Kundinnen und Kunden legen grossen Wert auf die Frische der Äpfel, unabhängig davon, ob sie aus der unmittelbaren Umgebung oder aus anderen Teilen der Schweiz stammen.

Wie steht die Migros zum Thema Lagerapfel? Besteht eher die Tendenz zu regionalem Lagerapfel oder einem frischen Apfel aus Regionen, in denen gerade Apfelsaison ist? 

Wir legen grossen Wert darauf, dass Äpfel frisch und von hoher Qualität sind. Unsere Kundschaft bevorzugt grundsätzlich regionale oder einheimische Produkte, da diese oft mit Frische und Nachhaltigkeit assoziiert werden. Wenn die Qualität stimmt, sind unsere Kundinnen und Kunden aber auch gegenüber EU-Ware aufgeschlossen. Bei Übersee-Ware sind die Konsumentinnen und Konsumenten zwar etwas kritischer, aber sie wird mittlerweile ebenfalls weitgehend akzeptiert, sofern die Qualität und die Nachhaltigkeitsstandards eingehalten werden.

Haben sich das Kaufverhalten und die Verkaufsstrategien für Äpfel in den letzten Jahren verändert, z. B. durch veränderte Ernährungsgewohnheiten, Nachhaltigkeitsbewusstsein oder Convenience-Produkte?

In den letzten Jahren hat sich das Kaufverhalten der Konsumentinnen und Konsumenten in Bezug auf Äpfel deutlich verändert, was auch die Verkaufsstrategien beeinflusst hat. Ein zunehmendes Bewusstsein für Nachhaltigkeit hat dazu geführt, dass Kundinnen und Kunden verstärkt auf regionale und umweltfreundlich produzierte Äpfel zurückgreifen. Ernährungsgewohnheiten haben sich ebenfalls gewandelt, mit einem stärkeren Fokus auf gesunde und natürliche Lebensmittel, was die Nachfrage nach frischen Äpfeln erhöht hat. Zudem hat der Trend zu Convenience-Produkten dazu geführt, dass geschnittene und verzehrfertige Apfelprodukte immer beliebter werden. Wir haben darauf reagiert, indem wir das Sortiment um solche praktischen Angebote erweitert haben.

Gibt es bei der Migros eine steigende Nachfrage nach neuen Apfelsorten oder besonderen Eigenschaften wie Süsse, Preis oder Haltbarkeit?  

Ja, absolut! Wir beobachten eine steigende Nachfrage nach neuen Apfelsorten. Die Kundschaft interessiert sich zunehmend für Sorten, die einzigartige Geschmacksprofile bieten, wie besondere Süsse oder eine ausgewogene Säure. Auch die Haltbarkeit spielt eine wichtige Rolle. Zusätzlich gibt es einen Trend hin zu Sorten, welche besonders nachhaltig angebaut werden wie Bio oder Demeter. Der Preis bleibt bei einer signifikanten Kundengruppe ein entscheidender Faktor, aber viele Kundinnen und Kunden sind bereit, für besondere Qualität oder nachhaltige Anbaumethoden etwas mehr zu bezahlen. Wir reagieren auf diese Trends, indem wir unser Sortiment kontinuierlich beurteilen und anpassen, um den unterschiedlichen Kundenbedürfnissen gerecht zu werden. 

Interview

«Jeder Monat Lagerung erhöht die Treibhausgasemissionen um 30 Prozent»

Schweizer Lagerapfel oder Importapfel? Mélanie Douziech vergleicht im Interview die beiden CO2-Bilanzen. Douziech ist Leiterin der Forschungsgruppe Ökobilanzen bei Agroscope.

Frau Douziech, man liest häufig, dass die Produktion eines Apfels sehr wenig Treibhausgase ausstösst. Stimmt das? Wieviel CO2 wird bei der Produktion eines Kilogramms Schweizer Äpfel ausgestossen? 

Douziech: Äpfel liefern auf wenig Fläche viel Ertrag und bestehen zu einem Grossteil aus Wasser. Ein Kilo Schweizer Äpfel aus konventionellem Anbau im Flachland verursacht ohne Lagerung rund 100 Gramm CO2-Äquivalente. (Anm. d. Red.: CO2-Äquivalente fassen die Klimawirkung aller Treibhausgase in einer gemeinsamen Einheit zusammen, sodass sie vergleichbar werden.) Im Vergleich zu tierischen Nahrungsmitteln oder Getreide sind die Umweltwirkungen pro Kilogramm tatsächlich tiefer. Berücksichtigt man die Nährwerte, relativiert sich dieses Bild jedoch teilweise.

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Transport und Kühlung sind ja sehr energieintensiv und führen deswegen zu hohen Treibhausgasemissionen. Wenn ich nun ein Kilogramm Äpfel mit dem LKW 100 Kilometer weit transportiere, wie viel zusätzliches CO2 wird dabei freigesetzt? 

Beim Transport über diese Strecke fallen noch einmal zusätzlich 32 Gramm CO2-Äquivalente pro Kilogramm Äpfel an. Ein LKW-Transport über 100 Kilometer erhöht die Treibhausgasemissionen der Äpfel also um etwa 30%.

Und wie sieht es bei der Lagerung aus? Wie viel CO2 wird dabei pro Monat freigesetzt? 

Bei der Lagerung wird tatsächlich relativ viel Treibhausgas freigesetzt – durch den hohen Stromverbrauch bei der Kühlung. Zudem haben viele Kältemittel Klimawirkungen und tragen bei einer Freisetzung ebenfalls zur Klimaerwärmung bei. Zusammengenommen führt dies zu einer Treibhausgasemission von ungefähr 32 Gramm CO2-Äquivalenten pro Kilogramm Äpfel und Monat. Der Bau der Lagerinfrastruktur ist aber vernachlässigbar.

Man kann also sagen, dass Transport und Lagerung für die CO2-Bilanz eines Apfels eine sehr grosse Rolle spielen? 

Ja, das ist so. Da die Transportwege in der Schweiz eher kurz sind, fallen die Emissionen hierzulande durch den Transport der Äpfel nicht so ins Gewicht. Anders bei der Lagerung, denn eine Lagerung über mehrere Monate ist recht üblich. Jeder Monat Lagerung erhöht aber die Treibhausgasemissionen eines Kilogramms Äpfel um etwa 30%. In einer Publikation aus dem Jahr 2022 haben wir uns das genauer angeschaut (Mathis et al. 2022): Dort findet man spannende Details zu Ökobilanz verschiedener Apfelproduktionssysteme. Dabei haben wir auch die Lagerung der Äpfel über sechs Monate hinweg einfliessen lassen. In diesem Zusammenhang muss man auch die Lagerverluste ansprechen. Je mehr Äpfel bei der Lagerung verloren gehen, desto schlechter wird die Klimabilanz der verbliebenen Äpfel. Hier schneiden Bio-Äpfel schlechter ab als konventionelle, da Bio-Äpfel in der Lagerung weniger gut vor Pilzen geschützt werden können.

In den Wintermonaten stellt sich für viele die Frage: Was ist besser, ein Apfel, der aus Neuseeland importiert wurde, oder ein Schweizer Lagerapfel?  

Eine Studie aus 2008 der ETH Zürich kommt zum Schluss, dass lokale Produktion in Kombination mit einer langen Lagerung tendenziell besser abschneidet als Fernimporte aus Ländern wie Neuseeland. Das hängt aber auch stark davon ab, wie die Produktionsbedingungen im Herkunftsland sind und wie viel Apfelverlust bei der Lagerung anfällt.

Es kommt also darauf an, in welchem Monat man den Apfel kauft. Bis zu welchem Monat ist es denn besser für das Klima, einen Schweizer Apfel zu kaufen? 

Das ist keine ganz einfache Frage. Hier spielen viele Faktoren eine Rolle, wie die bereits erwähnten Lagerverluste. Mit den aktuell durchgeführten Studien können wir hier noch keine abschliessende Antwort geben. Wir haben aber ein neues Projekt gestartet, das diese und ähnliche Fragen beantworten soll. Bald können wir hier also zusätzliche Aussagen treffen.

Das Konsumverhalten spielt ebenfalls eine Rolle bei der Treibhausgasbilanz. Wie viel CO2 wird denn ausgestossen, wenn ich mit dem Auto fünf Kilometer fahre, nur um ein Kilogramm Äpfel zu kaufen? 

Das Konsumverhalten kann tatsächlich einen sehr grossen Einfluss haben. Dies haben wir im EU-Projekt Smartchain untersucht. Wir haben in diesem Projekt Empfehlungen für Konsument/innen, Produzent/-innen und politische Entscheidungsträger/-innen abgeleitet, wie man kurze Wertschöpfungsketten für Lebensmittel nachhaltig gestalten kann. Es hat sich gezeigt, dass das Einkaufsverhalten einen grossen Einfluss hat: Die Treibhausgasemissionen beim Einkauf können jene der Primärproduktion überschreiten – insbesondere, wenn nur kleine Mengen eingekauft werden und der Einkauf mit einem benzin- oder dieselbetriebenen PKW erfolgt. (Anm. d. Red.: "Primärproduktion" meint speziell die erste Stufe der Wertschöpfung, also die Gewinnung von natürlichen Ressourcen direkt aus der Natur.) Wenn man sein eigenes Einkaufsverhalten kritisch hinterfragen möchte, kann man die genauen CO2 -Emissionen seines PKWs beim Einkaufen mit diesem Tool selbst berechnen.

Darum ging es diese Woche im Beitrag von Familie Richter:

  • Was zeichnet Lageräpfel aus und wie lagert man sie richtig?

  • Wie unterscheiden sich Lageräpfel von frischen Äpfeln in Nährwerten und Geschmack?

  • Ist es ökologischer, Äpfel zu lagern oder zu importieren?

  • Welche Apfelsorten sind besonders lange haltbar?

  • Was hat es mit dem «Baummord» in der Schweiz von 1950 bis 1975 auf sich?

Das Thema von letzter Woche verpasst? Hier kannst du alles zu Hopfen nachlesen, -schauen und -hören:
Kletterpflanze mit Wirkung: Hopfen im Porträt
Familie Richter – Hauptartikel
02. 09. 2025
Kletterpflanze mit Wirkung: Hopfen im PorträtDas Wichtigste in KürzeWeiblich bevorzugt: Hopfen ist eine Kletterpflanze, deren weibliche Blüten (Dolden) Bitterstoffe und ätherische Öle enthalten.Wunderzutat im Bier: Hopfendolden verleihen Geschmack, Bitterkeit, Schaumstabilität und wirkt als Konservierungsmittel. Anbau in der Welt: Vor allem die USA, Deutschland oder Tschechien bauen Hopfen an, in der Schweiz findet der Anbau nur auf rund 18 Hektar statt.Hopfen als Medizin: Die Pflanze
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