«Nur» die Frau vom Bauer? – Mehr als nur Nebenrolle auf dem Hof
Das Wichtigste in Kürze
- Frauen machen 37 % der Beschäftigten in der Landwirtschaft aus und übernehmen zunehmend Führungsrollen als Betriebsleiterinnen oder Mitbewirtschafterinnen.
- Die Bäuerin ist eine qualifizierte Fachkraft mit anerkannter Ausbildung: die sowohl im Haushalt als auch im Betrieb aktiv ist.
- Frauen arbeiten in allen Bereichen der Landwirtschaft: von Produktion über Buchhaltung bis zur Direktvermarktung und Hauswirtschaft.
- Ab 2027 ist ein persönlicher Versicherungsschutz für mitarbeitende Ehepartnerinnen Voraussetzung für den Erhalt voller Direktzahlungen.
- Landwirtinnen und Bäuerinnen: verbinden Landwirtschaft mit Familienleben und vielfältigen Zusatzaufgaben und profitieren vom gegenseitigen Austausch in Netzwerken.
Berufstätige Frauen in der Landwirtschaft sind heutzutage gut ausgebildet, reden mit und sind vielseitig engagiert. Denn die Gesellschaft und mit ihr auch die Landwirtschaft haben sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt. Die Berufe in der Landwirtschaft, auch für Menschen mit anderen sozialen und beruflichen Hintergründen, gewinnen an Attraktivität.
Wenn wir einen Blick in die Vergangenheit werfen und schauen, welche Aufgaben die “Buurefrau” noch bis weit in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts übernahm, kommen wir auf Hausarbeit, Kindererziehung, Altenpflege, Versorgung der Tiere und die Verarbeitung der tierischen und pflanzlichen Produkte. Sie waren also nicht nur im Haushalt tätig, sondern packten auch schon draussen mit an. Heute unterscheiden wir in der Schweiz genauer: Die Bäuerin ist eine qualifizierte Fachkraft mit einer anerkannten Ausbildung zum Beispiel mit eidg. Fachausweis oder Diplom. Mit dem Eidg. Fachausweis kann die Bäuerin einen Landwirtschaftsbetrieb leiten. Ihr Einsatzgebiet ist primär im bäuerlichen Haushalt. Die Landwirtin hingegen hat eine landwirtschaftliche Grundbildung EFZ absolviert und kann damit einen Landwirtschaftsbetrieb führen. In dieser Funktion bewirtschaftet sie den Boden, hält und pflegt Nutztiere und betreibt Ackerbau. Und dann gibt es noch die Partnerin eines Bauern, die auf dem Hof mithilft, aber nicht zwingend eine landwirtschaftliche Ausbildung hat. Alle drei Rollen tragen auf ihre Weise viel zum Betrieb bei ob mit Fachwissen, praktischer Erfahrung oder familiärem Engagement. Häufig sind ihre Einsatzbereiche auch ineinander fliessend.
Entwicklung und Bedeutung in der männerdominierten Berufswelt
Die heutigen Bäuerinnen und Landwirtinnen sind zunehmend als eigenständige Betriebsleiterinnen, Mitbewirtschafterinnen oder Angestellte tätig. Von den insgesamt 148'800 Arbeitskräften in der Landwirtschaft sind nämlich 54'732 Frauen. Sie stellen somit 37 Prozent aller Beschäftigten in der Landwirtschaft. Und diese Zahl wächst, sowohl in der Ausbildung als auch in der Betriebsleitung. Ausserdem absolvieren immer mehr Frauen eine landwirtschaftliche Qualifikation etwa als Landwirtin EFZ. Sie übernehmen mit diesen soliden Ausbildungen vielfältige Aufgaben auf den Höfen und sind zunehmend in Führungspositionen vertreten. Trotz dieser Fortschritte bleibt die Landwirtschaft momentan eine männlich dominierte Branche, wobei nur etwa sieben Prozent der Betriebe in der Schweiz von einer Frau geleitet werden.
Hier kommen Organisationen wie der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband (SBLV) ins Spiel, die sich aktiv für die Stärkung der Frauen einsetzen, Bildung, Vernetzung und Mitbestimmung fördern. Auch das Stichwort “Hofübergabe” fällt immer wieder am Familientisch der Schweizer Bauern. Die Hofnachfolge wird nach wie vor nämlich häufig an Söhne übertragen, doch zunehmend entscheiden sich Familien für die Hofübergabe an Töchter. Externe Faktoren wie das gesellschaftliche Image der Landwirtschaft und Unsicherheiten bei Investitionen erschweren die Karriere zusätzlich. Neue gesetzliche Regelungen, etwa ab 2027, verlangen einen Versicherungsschutz für mitarbeitende Ehepartnerinnen, um Direktzahlungen zu erhalten. Dies soll die soziale Absicherung der Frauen verbessern.
Wunschberuf Bäuerin
Die Definition einer Bäuerin im Jahre 2025 könnte man folgenderweise beschreiben: Sie kann auf einem Hof leben, arbeiten, eine Ausbildung haben und sich durch ihre Verbindung zur Landwirtschaft identifizieren. Jungen “modernen” Frauen gefällt am Hofleben besonders, dass ihre Kinder auf dem Betrieb aufwachsen können, und sie eine ländliche Wohnlage haben. Folgendes Zitat verdeutlicht die Motivation dieser jungen Frauen, die eine Arbeit in der Landwirtschaft anstreben: “Die gefühlte und gelebte Verbindung zur Landwirtschaft, zu Tieren, zur Natur, zur Lebensmittelproduktion, und das Verständnis für diese Welt”.
In der Realität geht diese moderne Bauersfrau häufig einem Zweitberuf nach oder bietet Dienste wie «Schlafen im Stroh» oder Ponyreiten an. Sie ist aber auch Mutter, Ehefrau, Schwiegertochter und nicht zu vergessen eine Frau mit eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Visionen. Deshalb ist es wichtig, die Vielfalt sowie die modernen Beiträge der Frauen in der Landwirtschaft anzuerkennen. Netzwerke fördern die gegenseitige Unterstützung und den Austausch untereinander und stärken so das Selbstverständnis der Frauen vom Land. Geschäftsführerin Kathrin Bieri vom SBLV schaut positiv in die Zukunft und sagt im Interview, dass “der Kontakt, der Austausch und das Teilen mit Kolleginnen und allen anderen Frauen aus der Landwirtschaft wichtig sind und Schwung zum Vorwärtsgehen geben.”
Der SBLV:
Der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband SBLV
setzt sich als einer der grössten Frauendachorganisationen der Schweiz – mit
rund 50'000 Mitgliedern aus allen Kantonen und Sprachregionen – für die
berufliche, wirtschaftliche und soziale Stellung und Stärkung der Frauen vom
Land ein. Der Verband stärkt die Frauen unter anderem im Rahmen der Bildung
Bäuerin, in Alltagskompetenzen, Vernetzung und Mitbestimmung – sowohl innerhalb
der Landwirtschaftsbetriebe als auch darüber hinaus. Die Mission des SBLV ist
es, den ländlichen Raum aktiv mitzugestalten und Frauen eine starke Stimme zu
geben.
Persönlicher Versicherungsschutz:
Das Parlament hat im Rahmen der Agrarpolitik ab 2022 verschiedene Anpassungen bei den Direktzahlungen beschlossen. Neu ist, dass ein persönlicher Versicherungsschutz für mitarbeitende Ehepartner/innen und eingetragene Partner/innen ab 2027 Voraussetzung ist, um Direktzahlungen in voller Höhe zu erhalten. Wenn diese Personen regelmässig und in beträchtlichem Masse auf dem Betrieb ihres Partners oder ihrer Partnerin mitarbeiten, müssen sie sozial abgesichert sein. Der Versicherungsschutz muss die Risiko-Vorsorge und den Verdienstausfall infolge Krankheit und Unfall abdecken.